Hallo ihr lieben,
wie ihr vielleicht wisst, war ich Anfang des Jahres 2018 für zwei Monate in Indien unterwegs, und habe in dieser Zeit auch ein Yoga Ashram besucht. Als Yogini und Yoga Lehrerin war es mir wichtig, Yoga im Land seines Ursprungs kennenzulernen – also in Indien.
Was ist ein Yoga Ashram überhaupt?
Das Wort Ashram oder auch Aschram stammt aus dem Sanskrit von „āśrama“ und bedeutet wörtlich übersetzt „Anstrengung“, oder sinngemäß „Ort der religiösen Bemühung“. Man könnte es auch also eine Art Schule nennen, in der die spirituellen Lehren eines Gurus unterrichtet werden. Ashrams liegen meist fernab der Stadt mitten in der Natur, denn es geht darum sich aus dem materiellen Leben zurückzuziehen und seinen Sinnen Zeit zum Rückzug zu geben, und weniger Reize von außen verarbeiten zu müssen.
Ein Guru ist jemand, der andere Menschen mit seinem Wissen und seinen Lehren inspiriert, und deshalb oft ein Ashram eröffnet um seinen Schülern ein Zuhause zu geben. Je nachdem welche spirituelle Praktiken der Guru weitergibt finden in Ashrams dan meist spirituelle Zeremonien wie Bhajans (Kirtan Singen) oder Poojas (Gebet) statt, um dem Guru oder bestimmten Gottheiten zu huldigen.
Wie sieht ein Tagesablauf im Ashram aus?
Ich habe 10 Tage im Yoga Ashram Yoga Vidya Gurukul in der Nähe von Nashik verbracht und dort den Yoga Psychologie Kurs belegt, deshalb richtet sich mein Ablauf natürlich an die Programmpunkte meines Kurses. Aber die meisten davon sind nicht nur für meinen Kurs, sondern für alle Bewohner des Ashrams Programmpunkte.
05:30 Uhr Wakeup Call
Im Ashram steht man meist vor Sonnenaufgang auf, denn ayurvedisch gesehen ist dies auch die beste Zeit zum Aufstehen. Mit einem Gong von einer Klangschale wird man sanft geweckt, und macht sich dann für den Tag zurecht. Auch hier gibt es Empfehlungen, wie zum Beispiel mit dem Zungenschaber die Zunge reinigen und mit dem Netipot eine Nasenspülung durchführen.
06:00 – 06:30 Uhr Mantra Chanten
In meinem Ashram hat jeder Tag mit 30 minütigem Mantra Chanten begonnen. Durch das Rezitieren der Mantras gelangt man in einen meditativen Zustand und der Kopf wird komplett frei. Wer meinen Artikel über Mantras gelesen hat, weiß über die positive Wirkung der Klänge und Schwingungen der Mantras bereits bescheid. Neben Omkar und dem bekannten Gayatri Mantra haben wir auch täglich 11 Mal das Mahamrityunjaya Mantra gechantet. Dieses Mantra sorgt dafür, dass unsere Selbstheilungskräfte aktiviert werden.
06.30 – 08:00 Uhr Yogapraxis
Nach dem Chanten ging es direkt weiter mit der Yogapraxis. Hier haben wir sowohl Asanas als auch Pranayamas geübt. Im Yoga Psychologie Programm wird besonderer Fokus auf Pranayamas gelegt, da unser Atem auch einen großen Einfluss auf unsere Psyche hat. So haben wir an manchen Tagen wirklich 90min Pranayamas geübt und so die Wirkung auf unseren Körper kennenlernen können.
08:00 – 09:00 Uhr Karma Yoga
Auch Karma Yoga ist ein wesentlicher Bestandteil im Ashram Lifestyle, denn jeder Bewohner soll der Community auch etwas zurückgeben. Täglich werden die Aufgaben neu verteilt, so dass man auch unterschiedliche Tätigkeiten ausführt. Beispiele für Karma Yoga sind zum Beispiel Küchenhilfe, Putzen der Gemeinschaftsräume, Kehren der Flure, Blumengießen usw. In der Yoga Philosophie ist Karma Yoga einer der vier Wege eines yogischen Lebens, besonders genau auch in der Bhagavad Gita beschrieben. Karma Yoga sollte selbstlos, ohne Erwartung etwas zurückzubekommen ausgeführt werden. Karma Yoga lehrt uns, unserem Dharma, also unserer Berufung zu folgen, und für manch einen ist dies altruistisches Handeln rein zur Hilfe für andere, ohne jegliche Erwartung etwas dafür zu erhalten.
09:00 – 09:30 Uhr Frühstück
Danach wird das Frühstück gemeinsam eingenommen – allerdings komplett in Stille. Denn während dem Essen soll man sich komplett auf seine Mahlzeit konzentrieren und jeden Bissen genießen. Alle Mahlzeiten im Ashram werden sattvisch, also gut verdaulich und nach ayurvedischen Prinzipien, zubereitet. Es gibt ein kleines Buffet, mit 2 – 3 unterschiedlichen Bestandteilen, aber auch diese verkleinerte Auswahl soll dir das Leben „erleichtern“ – es wird gegessen, was es gibt – Extrawünsche gibt es nicht.
10:00 – 10:45 Uhr Yoga Nidra
Für die Teilnehmer des Yoga Psychologie Programms ging es nach dem Frühstück zum Yoga Nidra. Yoga Nidra wird auch der „yogische Schlaf“ genannt, eigentlich handelt es sich aber um eine geleitet Meditation in einem Zustand der Tiefenentspannung. Yoga Nidra fühlt sich an wie der Zustand kurz vor dem Einschlafen, wo man noch „da“ ist, und irgendwie auch schon schläft. Das besondere am Yoga Nidra ist, dass du mit Intentionen und deinem Unterbewusstsein arbeitest. So kann Yoga Nidra deine Willensstärke stärken und zum Beispiel beim Abgewöhnen von Süchten wie Rauchen etc. helfen.
11:00 – 12:30 Uhr Lecture
In meinem Kurs hatten wir täglich mehrere Lectures, mit unterschiedlichen Lehrern und zu unterschiedlichen Themen. So haben wir zum Beispiel die Yoga Philosophien im Bezug auf heutige Psychologie besprochen, die positive Psychologie des Yoga, psychische Erkrankungen und auch Pranayamas & Asanas und ihre Wirkung auf den Körper. In 10 Tagen Kurs konnten wir hier schon einiges lernen, der Bereich ist aber natürlich riesig und weiterführende Bücher sind auf jeden Fall empfohlen um tiefer in das Thema einzusteigen.
12:30 – 13:30 Uhr Mittagessen
Auch das Mittagessen wird in Stille eingenommen. Die Mahlzeiten werden immer frisch zubereitet, weil frisches Essen auch noch am meisten Prana, also Energie, transportiert. Um das Prana optimal aufzunehmen soll man das Essen 32mal kauen und so die Verdauung perfekt vorbereiten. Achte bei deiner nächsten Mahlzeit mal darauf, wie oft du kaust, und vor allem mit wieviel Aufmerksamkeit du dein Essen isst. Wer seine Konzentration wirklich voll auf das Essen richtet und weniger spricht, der ist auch früher satt 😉
13:30 – 16:30 Uhr Freizeit
Am Nachmittag hat man ein paar Stunden frei. Hier gab es im Ashram die Möglichkeit eine ayurvedische Massage zu buchen, im Ashram Shop einzukaufen, oder einfach entspannen, lesen. Neben einer gesunden Ernährung achtet man aber auf einen gesunden Umgang mit seiner eigenen Energie. Es geht ihm Ashram auch um eine Zeit des Rückzugs, also eher darum Zeit mit sich alleine zu verbringen. Elektronische Geräte wie Handy oder Laptop sollte man so wenig wie möglich verwenden. Und auch Konsum soll gering gehalten werden, im Ashram Shop gibt es also nur Notwendigkeiten und yogische Artikel zu kaufen. Ich habe mir hier zwei spannende Bücher der Bihar School of Yoga zugelegt, darunter Prana & Pranayama und Kundalini Tantra.
16:30 – 18:00 Yoga Praxis
Am Nachmittag gibt es auch noch eine zweite Yoga Praxis, die bei uns oft von Volunteers des Ashrams unterrichten worden sind. Für mich ist es immer spannend den Unterschied zwischen einer Morgen- & Abendpraxis zu sehen. Besonders bei der Morgenpraxis muss ich mich immer wieder in der Beginners Mind üben, in der Abendpraxis übt es sich meist etwas geschmeidiger. Nach einem Tag mit Bewegung und Yoga sind die Muskeln schon gut gestärkt, und man kann vielleicht auch mal schwierigere Asanas wie einen Handstand probieren.
18:45 – 19:30 Uhr Havan
Vor dem Abendessen werden beim Havan nochmal Mantras gechantet. Ein Havan ist eine Feuerzeremonie, das der Reinigung und Transformation gilt. Hier wird ein kleines Feuer aus getrocknetem Kuhdung gemacht, und danach wird Ghee ins Feuer gegossen. Da die Kuh im Hinduismus als heilig gilt, ist sowohl der Kuhdung als auch Ghee (aus Butter hergestellt) als Opfergabe gedacht. Außerdem soll der Rauch aus den heiligen Materialien die Luft und Umgebung reinigen. Für die persönliche Transformation kann man kleine Zettel mit Gewohnheiten oder Situationen, die man loslassen möchte, im Feuer verbrennen. Aber das Verbrennen im Havan gibt dir auch positiven Rückenwind für neue Lebensabschnitte, so kann gut sein neue Vorsätze im Feuer zu verbrennen. Während dem Feuer wird gechantet, und danach wird die Asche verteilt und jeder darf sich einen Punkt aus der Asche am dritten Auge machen. Die Asche soll einem helfen, das dritte Auge vor schlechten Energien zu schützen.
19:30 – 20:00 Uhr Abendessen
Und auch die letzte Mahlzeit des Tages wird in Stille eingenommen. Wenn Nahrung sattvisch zubereitet ist, bedeutet das unter anderem, dass es alle sechs Geschmacksrichtungen abdeckt, und auch alle möglichen Konsistenzen beinhaltet. Laut Ayurveda werden wir nur so wirklich satt. Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich immer satt war. Obwohl das Essen im Ashram sehr leicht und vegetarisch zubereitet wird, habe ich nie das Gefühl gehabt, nach dem Essen hungrig zu sein. Im Gegenteil, ich war angenehm satt und habe mich auch nach dem Essen „leicht“ gefühlt.
20:15 – 21:00 Uhr Geschichten, Bhajan, Satsangs
Das Abendprogramm hat immer gewechselt, so hatten wir mal Geschichten-Abend mit Gurujis Sohn, Bhajans, oder Vorträge. Für mich eine willkommene Abwechslung in einem sonst sehr strikten Tagesablauf. Der Bahajan hat sich für mich wie eine yogische Party angefühlt, da wir ausgelassen gesungen und getanzt haben und wirklich eine tolle Stimmung war. Bei den Geschichten-Abenden wurde meistens aus das Mahabharata vorgelesen. Das Mahabharata ist neben dem Ramayana das zweite große indische Heldengedicht und ist eines der ältesten Texte überhaupt. Es enthält die weltweit bekannte Bhagavad Gita und dient als Grundlage des Hinduismus.
21:30 Uhr – Schlafenszeit
Nach dem Abendprogramm geht es zurück ins Zimmer. Die Zimmer sind Mehrbettzimmer mit meist 3 bis 5 Betten, nach Geschlechtern getrennt. Ab 22 Uhr herrscht bis morgens 6 Uhr Stille, und meistens ist man vom Tag auch so müde, dass es kein Problem ist sofort schlafen zu gehen 😉
Allgemeine Verhaltensregeln
Da ein Ashram ein Ort spiritueller Lehren ist, gibt es auch noch ein paar allgemeine Regeln neben dem täglichen Ablauf und der Stille bei den Mahlzeiten. Und zwar: keine Rauschmittel (Koffein, Niktoin, Alkohol, Drogen) kein Sex. Der Austausch mit anderen Ashrambewohnern soll generell gering gehalten werden, da es eine Zeit der Introspektion ist und wir die Stille der anderen respektieren sollten. Die Kleidung sollte deine Schultern und Knie bedecken, und locker und angenehm sein.
Mein Fazit
Die 10 Tage im Ashram waren für mich sehr erholsam, und ich würde es sofort wieder machen und auch gerne länger bleiben. Obwohl der Tagesablauf sehr strikt ist, und du bis auf ein paar wenige Stunden keine Freizeit hast, gibt es genug Zeit und Möglichkeiten seine eigene Spiritualität aufs Neue zu erforschen und seine Lebensweise in Frage zu stellen. Das ruhige Umfeld und die sehr bewusste, minimalistische Lebensweise haben mir geholfen, mich auf eine ganz neue Weise mit mir selbst zu verbinden.
Neue spirituelle Praktiken und der Einblick in ein einfaches Leben bringen einen aus seiner eigenen Komfortzone und öffnen einem die Augen, auch für die Reise danach, wenn man wieder zuhause angekommen ist. Heute, fast einen Monat später, chante ich immer noch regelmäßig, habe neue Mantras in meinem Repertoire aufgenommen und möchte den Lifestyle aus dem Ashram Schritt für Schritt in meinem Alltag integrieren. So ist eines meiner Ziele in 2019 meinen Konsum zu verringern und versuchen, minimalistischer zu leben.
Ich habe die frühen Morgenstunden lieben gelernt, und finde das Gefühl morgens um 8 schon etwas für meine Selbstfürsorge erledigt zu haben toll. Die ayurvedische Ernährung hat mich inspiriert, noch genauer darauf zu achten was, wieviel und wann ich esse. Und aufs Neue habe ich auch gelernt, dass ich immer selbst für Ruhe und Frieden im Körper und Geist verantwortlich bin. Egal wo ich bin, im ruhigen Ashram oder in der busy Großstadt, nur ich selbst kann mich in diesen Zustand versetzen.
Warst du schonmal in einem Yoga Ashram? Wie war deine Erfahrung?
Ich freue mich über eure eigenen Erfahrungen oder Fragen zu meinem Aufenthalt im Post auf Instagram!
Eure,
*** Unbezahlte Werbung *** Das Ashram hat mich nicht gebeten einen Artikel zu schreiben, sondern es war mir persönlich ein Anliegen meine sehr positive Erfahrung mit euch zu teilen. Auch die Bücher habe ich selbst gekauft und empfehle sie hier nur weiter, weil sie mir gefallen. Die Links führen auf Amazon, wo ihr sie kaufen oder auf eurer Merkliste speichern könnt. Mit diesen Links kann ich das Projekt Herzensmensch.at finanzieren.